- Personalisierte und präventive Medizin sowie genetische Edition, neue Horizonte der Reproduktionsgenetik
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Genetik: Gegenwart und Zukunft der Familienplanung
Eine der größten Sorgen einer jeden Person, die eine Familie gründen möchte, ist die, dass ihre Kinder gesund geboren werden. Viele der schwerwiegenden Erkrankungen haben eine bekannte genetische Ursache und häufig handelt es sich um Erbkrankheiten, die von Paaren vererbt werden, die selbst keinerlei Symptome zeigen.
“In diesem Zusammenhang stellt die Durchführung genetischer Untersuchungen bei Frauen und Paaren, die Eltern werden wollen, eine neue Einheit im Konzept der Familienplanung dar. Die „Prävention“ zum Zeitpunkt der Umsetzung des Kinderwunsches ist ein Schlüsselwerkzeug, das die Präventivmedizin als Standarte der Garantie und Sicherheit positioniert, deren erklärtes Ziel es ist, dass ein gesundes Baby mit heimgenommen wird“, kommentierte Herr Dr. Josep Pla, verantwortlicher Leiter der Einheit für genetische Reproduktion bei IVI.
In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies in den Industrieländern, dass alle autosomal-rezessiven Erkrankungen insgesamt für einen Anteil von 20% der Kindersterblichkeit verantwortlich sind und für 10% der Kinderkrankenhausaufenthalte. Obwohl einzeln betrachtet eher selten, hat lt. Weltgesundheitsorganisation (WHO) mind. 1 von 100 Paaren der Allgemeinbevölkerung ein hohes Risiko, Kinder zu bekommen, die an einer schweren Erbkrankheit leiden.
“Daher haben die genetischen Tests, die vor einer Empfängnis durchgeführt werden, das Ziel, Menschen über das Risiko aufzuklären, Kinder mit autosomal-rezessivem Erbgang und rezessive, an das X-Chromosom geknüpfte Erkrankungen zu bekommen, was es ihnen ermöglicht, eine informierte Entscheidung zu ihren Fortpflanzungsoptionen zu treffen. Die Durchführung genetischer Tests vor der Schwangerschaft als allgemeine Praxis bei Frauen bzw. Paaren, die eine Familie gründen möchten, macht es möglich, die Vorherrschaft dieses Typs von Erbkrankheiten maßgeblich zu reduzieren“, fügte Dr. Pla hinzu.
In den vergangenen beiden Jahrzehnten konnten dank eines beispiellosen Fortschritts der genomischen Techniken über 1.300 autosomal-rezessive Erbkrankheiten von schwachem bis schwerwiegendem Einfluss auf die Gesundheit und Lebenserwartung erkannt werden. Zu den in der Bevölkerung am häufigsten vertretenen Krankheiten – hohe Anlageträger-Frequenz – zählen insbesondere die folgenden:
- Mukoviszidose/ zystische Fibrose (1 von je 25-30 Personen ist Anlageträger)
- Alpha- und Beta-Thalassämie (1 von je 25-30 Personen ist Anlageträger)
- Nicht-syndromale sensorineurale Hypoakusie (Hörstörung / Taubheit) (1 von je 30-40 Personen ist Anlageträger)
- Spinale Muskelatrophie (1 von je 45 Personen ist Anlageträger)
- Kongenitale adrenale Hyperplasie (1 von je 50 Personen ist Anlageträger)
“Es ist unser Ziel, gesunde Babys hervorzubringen, sei es bei Frauen- oder anderen Paaren, die Reproduktionsbehandlungen benötigen, um eine Schwangerschaft zu erzielen oder solchen, die die Möglichkeiten nutzen wollen, die die Wissenschaft durch eine genetische Untersuchung bietet, um ihre Reproduktionsergebnisse sicherzustellen. Unter dieser Prämisse setzen wir uns bei IVI dafür ein, in Kliniken für assistierte Reproduktion systematisch genetische Screening-Tests anzubieten. Tatsächlich gibt es Länder, in denen jedem Paar mit Kinderwunsch durch die Familienberatung vor einer Schwangerschaft ein Anlageträger-Screening angeraten wird, wie es z.B. in Israel der Fall ist“, betonte Herr Dr. Pla.
Jeder Mensch ist Anlageträger von 3-5 genetischen rezessiven Mutationen, was nicht bedeutet, dass er auch an der Krankheit leiden muss, aber dass es bei einer Schwangerschaft mit einer Person, die das gleiche gestörte Gen hat, ein Risiko von 25% gibt, dass die Kinder an daran erkranken.
“Da wir uns dieser Tatsache bewusst sind, bieten wir unseren Patienten bereits seit Jahren den sog. „genetischen Kompatibilitätstest“ an, durch den wir erfahren können, welche Mutationen die betreffende Person in sich trägt und ob das Risiko einer Übertragung auf die Nachkommen besteht. Aber egal, welches Ergebnis dabei herauskommt, wir bieten unseren Patienten durch unseren Service für genetische Beratung auf jeden Fall die für sie geeigneten Fortpflanzungsoptionen an, damit sie ihr Ziel mit den höchstmöglichen Garantien erreichen. Außerdem ist dieser Test für all unsere Spender Pflicht, um unseren Patienten, die von diesen gespendeten Keimzellen Gebrauch machen, die bei ihren Behandlungen größtmögliche Sicherheit zu bieten“, erläuterte Herr Dr. Pla.
Neue Horizonte der Genetik
Die Genetik ist gekommen, um zu bleiben. Dies zeigt die sog. genetische Revolution, die wir in den vergangenen Jahren erlebt haben und durch die der genetische Berater zu einer Schlüsselfigur wurde, damit der Patient eigenständig Entscheidungen treffen kann.
“Diese Revolution hört nicht mehr auf. Das Wachstum, das man bei genetischen Tests gesehen hat, zusammen mit einer signifikanten Verringerung der Kosten für diese Tests, macht es möglich. Wir können uns keine Zukunft für die assistierte Reproduktion vorstellen, die nicht stark von der Genetik beeinflusst ist. Die Tendenz, genetische Berater einzubeziehen, verstärkt sich immer weiter, wie wir es bei IVI ja bereits seit Jahren machen, um unseren Patienten diese Art von Informationen näher zu bringen“, schloss Dr. Pla.
Wie Herr Dr. Pla erklärte, lässt sich die Zukunft der Genetik in der Reproduktionsmedizin in 3 Linien unterteilen:
- Sie wird sich auch weiterhin durch genetische Tests auf die Untersuchung jedes Einzelfalls konzentrieren, um herauszufinden, was das genaue Problem ist, das sich zwischen den Patienten und seine Vater-/ Mutterschaft stellt, um danach eine personalisierte Behandlung anbieten zu können.
- Auch die Anzahl verfügbarer Untersuchungen vor der Schwangerschaft wird sich vergrößern, was ein solides Modell für die Präventivmedizin ermöglicht. So wird es für einige Krankheiten, für die man bis heute keine bekannte Ursache gefunden hat, neue Erkenntnisse geben, die dabei helfen, Reproduktionsoptionen zu ergreifen.
- Und schließlich die genetische Edition, die es ermöglicht, die genetischen Informationen des betreffenden Menschen zu korrigieren oder zu verändern. Dabei handelt es sich um ein Gebiet, das seit Jahren als sehr vielversprechend angesehen wird, aber zum Teil durch dadurch entstandene rechtliche und ethische Erwägungen gebremst wurde.