- Im Allgemeinen beginnen die Embryos, die zu einer sich weiterentwickelnde Schwangerschaft führen, ihre eigene Entwicklung bereits bei unter 50 Minuten nach ihrem Auftauen, der Devitrifizierung. Das Verhalten der Embryonen während dieser ersten Momente ihrer Rückkehr ins Leben hilft uns, diejenigen Embryonen zu identifizieren, die über ein bis zu 30% höheres Potential verfügen, in eine Schwangerschaft zu münden.
- Diese Studie bietet objektive quantitative Werte der Variablen, die bei der Reexpansion der Blastozysten involviert sind, im Gegensatz zur subjektiven morphologischen Evaluierung, die man bis dato angewendet hat.
MALAGA, DEN 21. ABRIL 2023
Klassischerweise wurden die Parameter untersucht, die die Morphologie des Embryos beeinflussen, weil sie mit dessen Möglichkeiten zur Einnistung zusammenhängen können. In den vergangenen Jahren haben die embryonalen Evaluierungen, die mit dem Time-Lapse-System durchgeführt wurden, zudem ein genaueres Verständnis der embryonalen Entwicklung geboten, indem sie verschiedene morphokinetische Parameter als Marker für die Lebensfähigkeit eines Embryos identifizierten, die dazu dienten, zusätzliche Auswahlmodelle von Embryonen zu definieren. Allerdings erleiden die Blastozysten nach den an ihnen vorgenommenen Verfahren zur Vitrifizierung und Devitrifizierung zahlreiche morphologische Veränderungen, die eine Beurteilung ihrer Qualität erschweren können. Außerdem weiß man bisher wenig über die Anwendung dieser Technologie bei vitrifizierten und devitrifizierten Blastozysten.
Und hier setzt die Studie “Analysis of the morphological dynamics of blastocysts after vitrification/warming: defining new predictive variables of implantation” an, die von Herrn Dr. Marcos Meseguer, wissenschaftlicher Direktor von IVI und Embryologe bei IVI in Valencia, geleitet wurde, die heute zum 10th International IVIRMA Congress präsentiert wird.
“In unserer Arbeit haben wir die Dynamik nach der Devitrifizierung der Embryonen evaluiert, um das Einnistungspotential der aufgetauten Blastozysten mithilfe des Einsatzes von auf künstlicher Intelligenz (KI) basierender „Künstlicher Neuronaler Netze (RNA)“ vorherzusagen. In diesem Zusammenhang arbeiten wir derzeit an einem Algorithmus der KI, der das Verhalten des Embryos ab dem Zeitpunkt seines Auftauens bis zu seinem Transfer untersucht, was einem Zeitraum von etwa 4 Stunden entspricht.
„Die KI hat uns gezeigt, dass ein Embryo, der seine Expansion frühzeitig beginnt (wenn die durchschnittliche Ausdehnungszeit 50 Minuten beträgt) und diesen Prozess schnell durchführt, wobei er eine Oberfläche von mehr als 0,14 Quadratmillimetern erreicht, sich bis zu 30% eher einnistet, als ein Embryo, der während dieser ersten 4 Stunden seines Lebens später und langsamer expandiert. Die KI ermöglicht es uns so, Embryonen zu erkennen, die – obwohl sie eine gute Morphologie aufweisen – nur eine geringe Wahrscheinlichkeit haben werden, sich einzunisten, weil sie beim Auftauen entweder sehr lange gebraucht haben, zu expandieren oder sich nur wenig ausgedehnt haben“, erklärte Dr. Meseguer.
Es handelt sich um eine retrospektive Analyse einer Auswahl von 511 aufgetauten Blastozysten, deren Hauptzweck darin besteht, die bei der morphologischen Dynamik der vitrifizierten und später devitrifizierten Blastozysten involvierten Variablen während der Zeitdauer zwischen dem Auftauen und Transfer der Embryonen zu beschreiben, ein Versuch, um den Ablauf der Reexpansion eines Embryos besser zu verstehen.
“Wenn wir einen Embryo vitrifizieren, belassen wir ihn in einem reglosen, inaktiven Zustand, entziehen ihm das Wasser, welches das Element ist, das die gesamte Maschinerie der Zelle antreibt. In dem Moment, in dem man ihm das Wasser entzieht, ist es, als ob die Zeit stehen bliebe und der Embryo kann in diesem Zustand jahrelang verbleiben, ohne dass diese Zeit sich negativ auf seine Qualität auswirkt. Wenn wir die Zeit reaktivieren, geben wir dem Embryo das Wasser zurück, das nach und nach eindringt, was nicht bei allen Embryonen in gleicher Weise geschieht. Diesen Prozess der Aufnahme des Wassers und des Austritts des Kälteschutzmittels – das der Kryoschutz ist – führen nicht alle Embryonen in gleicher Weise durch und sie beginnen auch nicht alle zur selben Zeit.
Und dies ist der Ausgangspunkt unserer Studie: Wir haben gesehen, dass der Embryo, in den das Wasser früher einzutreten beginnt, eine bessere Prognose zeigt. Und dass es dem Embryo, der schneller expandiert, besser ergehen wird als jenem, der sich langsamer ausdehnt. Dies bringt uns dazu, die Reexpansion der aufgetauten Blastozysten mit ihren Möglichkeiten auf eine Einnistung zu korrelieren. Und so nisteten sich über 60% der reexpandierten Blastozysten erfolgreich ein, im Gegensatz zu 6% derjenigen, die sich nach der Devitrifizierung nicht erneut ausdehnten“, kommentierte Dr. Meseguer.
Heutzutage ist eine verlängerte Kultivierung der Embryonen und der Transfer in der Phase der Blastozyste gängige Praxis, die nachweislich eine Verbesserung bei der Embryonenauswahl und letztlich auch der Erfolgsquoten bei den Reproduktionsbehandlungen bewirkt hat. Diese Strategie beinhaltet die Kryokonservierung aller lebensfähigen Blastozysten und deren Transfer bei späteren Zyklen, wodurch gleichzeitig das Risiko einer ovariellen Hyperstimulation vermieden wird.
Die wachsende Zunahme von auf einen späteren Zeitpunkt verschobenen Transferzyklen hat zu einer verstärkten Entwicklung von immer präziseren Auswahlkriterien geführt, um die Ergebnisse der Transfers vitrifizierter Blastozysten zu verbessern.
“Es ist wohlbekannt, dass jede Beobachtung auch beinhaltet, dass der Embryo suboptimalen Bedingungen außerhalb des kontrollierbaren Ambientes eines Brutkastens ausgesetzt ist, was den Erfolg der Behandlung potentiell beeinflussen kann. Daher kann uns die stetige Überwachung devitrifizierter Blastozysten durch Time-Lapse-Systeme wertvolle Informationen über deren Einnistungspotential liefern, während sie in einem stabilen und kontrollierten Kultivierungsumfeld bleiben.
Zu diesem Punkt möchten wir nachdrücklich betonen, dass alle Blastozysten durch die Cryotop-Methode vitrifiziert und devitrifiziert und direkt nach der Devitrifizierung bis zu ihrem Transfer in das EmbryoScope gesetzt wurden. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal unserer Arbeit unterstreicht darüber hinaus die Tatsache, dass sie im Gegensatz zur subjektiven morphologischen Evaluierung, die man bis dato für die Reexpansion der Blastozysten genutzt hat, objektive quantifizierbare Werte für die an der Reexpansion der Blastozysten beteiligten Variablen liefert“, stellte Herr Dr. Meseguer fest.
Daraus können wir schließen, dass die Analyse der Dynamik von vitrifizierten und devitrifizierten Blastozysten mithilfe der künstlichen Intelligenz nützlich für eine Prognose ihres Einnistungspotentials sein kann. Somit könnte der Einsatz von Prognosemodellen den Transfer vitrifizierter Embryonen mit geringen Erfolgsaussichten verhindern. Dennoch müssen die beobachteten Korrelationen und der vorgeschlagene Algorithmus in einem Zukunftsversuch validiert werden, damit deren Effizienz evaluiert wird.
Über den 10th International IVIRMA Congress
IVI veranstaltet vom 20.-22. April 2023 seinen 10th International IVIRMA Congress zur assistierten Reproduktion, zu dem sich die wichtigsten Forscher aus diesem Bereich weltweit einfinden. Bei diesem Event werden die auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin erzielten Fortschritte und die Ergebnisse der jüngsten Forschungen vorgestellt. Außerdem dient er als Treffpunkt, an dem die besten Praktiken zur Verbesserung der Ergebnisse im täglichen Ablauf dieser Tätigkeit miteinander geteilt werden können. Zu dem Kongress, dessen 10. Veranstaltung dieses Jahr in Malaga stattfindet, kommen mehr als 1.200 Spezialisten aus 57 Ländern. Er wird alle zwei Jahre abgehalten.