Vom 11. bis 13. Mai 2017 trafen sich mehr als 1400 Spezialisten aus 72 Ländern beim 7. Internationalen IVI-Kongress in der nordspanischen Stadt Bilbao. Ziel des Kongresses, der alle zwei Jahre stattfindet, ist es, Erfahrungen in der Anwendung modernster Techniken auszutauschen, Spitzenforschung in diesem stetig wachsenden Feld der humanen Reproduktion zu präsentieren und die namhaftesten internationalen Größen einzuladen. In diesem Jahr gehörten dazu erstrangige Wissenschaftler*innen wie Juan Carlos Izpisúa, Ana Cobo, Diana Alecsandru sowie IVI-Vorsitzender Antonio Pellicer.
Die Notwendigkeit der Erhaltung der Fruchtbarkeit im dafür besten Alter, Techniken zur Verjüngung der Eierstöcke sowie die Bedeutung der Verträglichkeit der Immunsysteme aller Beteiligten einer Kinderwunschbehandlung, also der werdenden Eltern und der Eizellspenderin, gehörten zu den hochaktuellen Themen in diesem Jahr, zu denen die IVI-Stiftung neueste Forschungsergebnisse vorstellen konnte.
Wie in jedem Jahr wurden Reproduktionsmediziner für herausragende Forschungsarbeit mit den IVI-Awards ausgezeichnet.
Das Thema der Methoden zur Verjüngung der Eierstöcke bildete den Auftakt in einem von IVI-Vorsitzenden Antonio Pellicer geleiteten Workshop. Eine der aufsehenerregenden Studien, die IVI hier präsentieren konnte, belegte bereits vier spontane erfolgreiche Schwangerschaften bei Frauen mit vorzeitigem Eierstockversagen. Schätzungsweise zehn Prozent aller Frauen leiden unter vorzeitiger Menopause, was eine Empfängnisbereitschaft trotz jungen Alters unwahrscheinlich werden lässt. Hoffnung geben zwei Techniken, die IVI derzeit in Zusammenarbeit mit dem Universitätskrankenhaus La Fe in Valencia erprobt: Zum einen die Entnahme und Zerteilung von Gewebe aus der Eierstockrinde mit anschließender Reimplantation, zum anderen die Infusion von Stammzellen aus dem Knochenmark in die sogenannte Arteria ovarica, die Arterie also, die den Eierstock mit Blut versorgt. Beide Prozesse erreichen, dass der Alterungsprozess der Eierstöcke teilweise rückgängig gemacht und schlafende Follikel (Follikel sind die Eibläschen, die die Eizellen umhüllen) in den Ovarien stimuliert werden, die sich ohne diese Art der Aktivierung nicht weiterentwickelt hätten.
Eine zweite erkenntnisreiche Studie präsentierte Dr. Diana Alecsandru von IVI Madrid.
Erfolglose Einnistung, Mehrfachfehlgeburten und Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) sind einige der Komplikationen, die bei Kinderwunschbehandlungen mit Eizellspende auftreten können. Ihre Ursachen sind in vielen Fällen auf immunologische Aspekte zurückzuführen. An dieser IVI-Studie nahmen 204 Patient*innen teil, bei denen alle immunologischen Faktoren bestimmt und klassifiziert wurden, die für eine Behandlung mit Spendereizellen relevant waren. Diese Faktoren wurden sowohl von der werdenden Mutter, dem werdenden Vater, als auch der Eizellspenderin betrachtet. Bei einer Kinderwunschbehandlung mit eigenen Eizellen oder bei spontaner Empfängnis müssen die paternalen Antigene des Embryos vom mütterlichen Immunsystem anerkannt werden. Bei einer Eizellspende müssen zusätzlich die immunologischen Merkmale der Spenderin übereinstimmen. Für die Anerkennung sorgen Rezeptorzellen im Uterus, die sich, ähnlich wie Blutgruppen, in drei große Gruppen einteilen lassen. Auch die Antigene, die jeder Mensch besitzt, lassen sich genetisch in zwei Gruppen einordnen. Die Studie von Dr. Alecsandru offenbart, dass die Union von bestimmten Rezeptoren mit einer bestimmten Gruppe von Antigenen ein Risiko für die gesamte menschliche Rasse darstellt. Für die Eizellspende bedeutet diese Entdeckung, dass sich die Wahrscheinlichkeit von Schwangerschaftskomplikationen deutlich erhöht, wenn diese immunologische Kombination auftritt. Deswegen ist es von großer Bedeutung, dass die vom Immunsystem erkannten Faktoren übereinstimmen, die von Vater, Mutter und Spenderin. Für die Auswahl einer passenden Eizellspenderin und ihre immunologische Bestimmung reicht ein einfacher Bluttest, dessen Bedeutung für eine Vermeidung von Abstoßungsreaktionen jedoch von großer Tragweite ist. IVI ist bereits dabei, diese wertvollen Erkenntnisse stufenweise in allen Kinderwunschkliniken umzusetzen.
Das dritte große Thema auf dem Kongress manifestierte die Bedeutung der Erhaltung der Fruchtbarkeit in einem Alter zwischen 25 und 35 Jahren. Die Experten sind sich einig darüber, in diesem Punkt nicht abzuwarten. Die Natur hat sich auf den gesellschaftlichen Wandel, sich heutzutage aus unterschiedlichen Gründen häufig für eine Schwangerschaft nach 35 zu entscheiden, nicht eingestellt. Die Eizellreserve liegt dann aber nur noch bei 10%. Und nicht nur die Menge, auch die Qualität der Eizellen verschlechtert sich. Die Vitrifikation von Eizellen, auch Social Freezing genannt, ist die gängigste Methode, um die Erhaltung der eigenen Fruchtbarkeit zu gewährleisten. Diese Form der Kryokonservierung erlaubt es, die Oozyten unter optimalen Bedingungen zu lagern und zur Verfügung zu haben, wenn der Zeitpunkt für den Kinderwunsch gekommen ist.
Die sozialen Gründe, die für die Lagerung von Eizellen sprechen, überwiegen. Es ist jedoch auch ein wichtiges Thema für Krebspatientinnen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, nach erfolgreicher Behandlung mit Chemotherapie und Bestrahlung noch Kinder zu bekommen. In diesem Sinne wurden auf dem Kongress die neuesten Erkenntnisse für die Behandlung krebskranker Kinder, die noch nicht im gebärfähigen Alter sind, besprochen. Die Reproduktionsmedizin arbeitet intensiv daran, die Nebeneffekte der Krebsbehandlungen zu vermindern, um die Empfängnisbereitschaft für die Zukunft zu bewahren. Die angewendete Technik in diesen Fällen ist die Kryokonservierung von Eierstockgewebe. Internationale Studien belegen bereits erste erfolgreiche Schwangerschaften von Frauen, die in ihrer Kindheit mit einer Krebserkrankung zu kämpfen hatten.
Wie in jedem Jahr wurden auf dem 7. Internationalen IVI-Kongress die IVI-Awards verliehen, mit denen herausragende Wissenschaftler*innen und ihre jeweiligen Teams gewürdigt werden, die mit ihrer Forschung einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Techniken und Behandlungen der Reproduktionsmedizin zum Wohle der Patient*innen stetig zu verbessern. Der Preis ist mit 25.000 € dotiert und ging 2017 an Richard Legro (USA) für seine klinische Forschung sowie an Juan Carlos Izpisúa (USA) und Magdalena Zernicka-Goetz (Großbritannien) für ihre Grundlagenforschung.
Der Kongress hat sowohl die bahnbrechenden Entwicklungen der humanen Reproduktion der jüngsten Zeit als auch noch die zu bewältigenden Aufgaben benannt. Der nächste Blog wird sich ausführlicher mit den Forschungsergebnissen bezüglich der Verjüngung der Eierstöcke befassen. IVI ist führend im Bereich der Reproduktionsmedizin, weil es der Grundlagen- sowie der klinischen Forschung und der Anwendung in seinen Kinderwunschbehandlungen gleiche Priorität einräumt. Ausführliche Informationen über alle Teilnehmer*innen und Themen des Kongresses finden Sie hier.
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