Androgene sind die Hormone, die für die Bildung männlicher sekundärer Geschlechtsmerkmale verantwortlich sind. Sie werden in der Nebennierenrinde, im Fettgewebe und der Haut, bei der Frau zudem im Eierstock und beim Mann im Hoden gebildet. Das Geschlechtshormon Testosteron ist also nicht nur das wichtigste Androgen im Hoden, sondern auch das Hauptandrogen des Ovars, wenn auch die Testosteronproduktion normalerweise deutlich geringer ausfällt als beim Mann, so dass z.B. Muskelwachstum, Stimmbruch oder Behaarung zwischen den Geschlechtern unterschiedlich verlaufen.
Ist der Hormonhaushalt im Gleichgewicht, produzieren Frauen mehr weibliche als männliche Geschlechtshormone, nämlich Östrogene, die den Menstruationszyklus steuern und bei der Schwangerschaft eine wichtige Rolle spielen, sowie Gestagene, jene Gelbkörperhormone, die der Erhaltung der Schwangerschaft dienen.
Störungen des Hormonhaushalts können bei der Frau zu erhöhter Bildung von Androgenen führen. Dies kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Beim Polyzystischen Ovarsyndrom, kurz PCOS, von dem etwa 1 Million Frauen in Deutschland betroffen sind, produzieren Nebennierenrinde und Eierstöcke zu viel Testosteron. Dies bringt den Zyklus ganz schön durcheinander. Die Überproduktion kann verschiedene Gründe haben, sie lässt sich nicht immer vollständig aufklären. Übergewicht, Enzymdefekte oder genetische Veranlagung werden häufig mit PCOS in Verbindung gebracht. Man spricht von einer Hyperandrogenämie, wenn vermehrt Androgene produziert und ausgeschüttet werden. Die Symptome, an denen eine Patientin mit dieser Art von Störung leidet, sind vielfältig:
– unregelmäßiger Zyklus bis hin zum unerfüllten Kinderwunsch
– maskuline Erscheinung inklusive Stimmveränderung und Klitorishyperplasie (Vergrößerung des Organs)
– kosmetische Probleme (Akne, Haarausfall oder männlich anmutender Haarwuchs)
Es sei angemerkt, dass in vielen Fällen gerade bei sehr jungen Mädchen falsche Vorstellungen vom, perfekten“ Körper existieren, so dass oftmals der Wunsch nach physiologischen Verbesserungen besteht, obwohl keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen bestehen. Bei jungen Frauen ist ein erhöhter Androgenspiegel übrigens keine Seltenheit und balanciert sich häufig von allein wieder aus.
Bei 30% der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch kann der Arzt einen erhöhten Androgenspiegel im Blut feststellen. Die vermehrten männlichen Hormone bewirken eine Störung der Eizellreifung. Androgene unterliegen Zyklusschwankungen und sollten deshalb in einer frühen Follikelphase (kein Leitfollikel, flaches Endometrium) bestimmt werden, um ihren tatsächlichen Wert zu messen.
Das Wunschkind kann trotzdem Realität werden.
Änderungen des Lebensstils sind dabei häufig notwendig, ganz besonders im Fall von PCOS. Mit deinem Frauenarzt oder Kinderwunschspezialisten kannst du einen Plan erarbeiten, in dem es um Nikotinverzicht, körperliche Bewegung und/oder Gewichtsreduktion geht. Liegt ein erhöhter Insulinspiegel vor, kann die Einnahme von Medikamenten den Zyklus häufig normalisieren. In der Schwangerschaft ist eine Frau mit PCOS einem erhöhten Risiko von Komplikationen ausgesetzt. Auch hier gilt es, gemeinsam mit dem Arzt einen Plan für diese besonderen Monate zu erstellen, etwa einen Ernährungsplan mit allen Lebensmitteln, die du zu dir nehmen darfst und solltest, um der Gefahr von Fehl- und Frühgeburten, Schwangerschaftsdiabetes oder -vergiftung bestmöglich entgegenzuwirken.
Ursache für einen erhöhten Androgenspiegel kann auch ein adrenaler Enzymdefekt sein, eine angeborene Störung der Hormonbildung in der Nebennierenrinde, durch die das Stresshormon Cortisol nur noch vermindert, männliche Geschlechtshormone hingegen vermehrt gebildet werden. Liegen keine Androgenisierungserscheinungen (wie Akne, Haarausfall, männliche Behaarung etc.) vor und besteht auch kein Kinderwunsch, ist eine Therapie nicht erforderlich. Im Erwachsenenalter kann die Antibabypille eingesetzt werden, um die Produktion männlicher Hormone zu unterbinden. Dies gilt selbstverständlich nur bei Patientinnen ohne Kinderwunsch bzw. nur in einer vorbereitenden Phase, um die Hormone wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Bei Kinderwunsch bestehen auch andere Möglichkeiten einer Cortisol-Ersatztherapie, die Regulierung des Zyklus zum Ziel hat.
Es ist wichtig, dass auch der Partner auf adrenale Enzymdefekte untersucht wird. Bei IVI bieten wir den genetischen Kompatibilitätstest GKT an, mit dem bis zu 600 genetische Krankheiten untersucht werden können. Sollte sowohl die zukünftige Mutter als auch der werdende Vater am adrenalen Enzymdefekt leiden, können wir dies im Vorfeld bestimmen und bei der Kinderwunschbehandlung berücksichtigen. So kann die Übertragung des Defekts auf das Baby vermieden werden.
Ein gestörter Androgenhaushalt kann die Körperfunktionen gehörig durcheinanderrütteln. Deinen Kinderwunsch brauchst du deswegen jedoch nicht aufzugeben. Bei IVI berücksichtigen wir deine klinische Vorgeschichte, das heißt, wir gehen auf die Probleme deiner Unfruchtbarkeit aufgrund der hormonellen Störungen und deine individuellen Bedürfnisse gezielt ein und bieten Lösungen an, um dir den Wunsch vom eigenen Kind zu erfüllen.
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