Die Anwendung der Künstlichen Intelligenz in der Reproduktionsmedizin ist eine Realität. IVI hat mit verschiedenen Studien zur Entwicklung eines Tools zur embryonalen Auswahl beigetragen. Beim 38. Kongress der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE), der in Mailand stattgefunden hat, haben wir einen wichtigen Fortschritt präsentiert, den wir nachfolgend mit Ihnen teilen möchten.
Die Künstliche Intelligenz und vielversprechende Ergebnisse
Die aktuellen und künftigen Anwendungsmöglichkeiten der künstlichen Intelligenz sind zahlreich und sehr vielfältig. Diese Technologie ist nicht nur bereits in der assistierten Reproduktion präsent, sondern auch auf vielen anderen Gebieten, wie dem sozialen, dem politischen, dem wirtschaftlichen und ganz klar dem wissenschaftlichen Gebiet. Dank des rasanten Tempos, mit dem ihre Anwendungen wachsen, nimmt die künstliche Intelligenz auf allen einen privilegierten Platz ein.
Eine der von Herrn Dr. Marcos Meseguer, Embryologe und Supervisor von IVI Valencia, beim aktuellen Kongress der ESHRE geleiteten und präsentierten Studien trug den Titel “Artificial Intelligence (AI) based triage for preimplantation genetic testing (PGT); an AI model that detects novel features in the embryo associated with ploidy”.
“Es handelt sich um eine Pionierstudie, weil wir zum ersten Mal weltweit 5 unabhängige Module entwickelt und miteinander kombiniert haben, die die Merkmale von Embryos durch ein computergestütztes, bildgebendes Verfahren analysiert haben. Dadurch konnte eine Genauigkeit von 90% bei der Prognose chromosomal normaler Embryos erzielt werden. Auf diese Weise das embryonale Einnistungspotential evaluieren zu können, ermöglicht es uns, die Effizienz der für die assistierte Reproduktion grundlegend wichtigen Prozesse zu verbessern, wie es die Embryo-Kultivierung und –Auswahl sind“, kommentierte Dr. Marcos Meseguer.
Embryonenselektion
Wie Sie sehen, reden wir davon, einen Prozentsatz an Präzision zu erreichen, der an den des mithilfe der konventionellen Embryountersuchung erzielten heranreicht, der aber auf invasive Weise durchgeführt wird. D.h., wir reden von einem Präzisionsprozentsatz, für den es keinerlei Vorläufer gibt. Mit Unterstützung der künstlichen Intelligenz erreicht man es, den Embryo durch Algorithmen zu untersuchen, ohne mit ihm hantieren und ihm Zellen entnehmen zu müssen. Auch bei der Auswahl verwendbarer Embryos für deren späteren Transfer wird eine hohe Trefferquote erzielt.
“Der Kern dieser Studie beantwortet eine unstrittige Realität: Die embryonale Entwicklung verläuft bei euploiden (chromosomal normalen) Embryos nicht genauso, wie bei aneuploiden (chromosomal anormalen). Zu diesem Punkt stellt sich die folgende Frage: Könnte die Künstliche Intelligenz die Ploidie (Anzahl an Chromosomensätzen in einer Zelle) prognostizieren? Die 5 Module, die wir analysieren und kombinieren konnten, haben uns gezeigt, ja, das wäre möglich und zuverlässig“, erläuterte Dr. Marcos Meseguer die Ergebnisse.
Für die Durchführung dieser Arbeit wurden 2.500 Embryos analysiert, womit sie die wichtigste, wissenschaftlich analysierte Kasuistik weltweit wäre. Das Ergebnis ist eine innovative, nicht invasive, universelle, standardisierte und automatisierte Technik für das Fachgebiet der Embryologie. Zudem stellt dieses Ergebnis gleichzeitig eine Verbesserung aller aktuellen Methoden der embrionalen Auswahl dar.
5 untersuchte Module
- Morphokinetische Parameter: Die wichtigsten Ereignisse in der Entwicklung des Embryos geschehen in diesem Modul, d.h. es passiert hier, wo der Embryo sich in Zellen teilt, bis er das Stadium der Blastozyste erreicht.
“Allein durch die Analyse dieser Parameter bei den 2.500 untersuchten Embryos konnten wir feststellen, dass – bei einem Vergleich mit einem euploiden Embryo als Referenz – wenn ein anderer Embryo später zu einem Ereignis kam, als der euploide Embryo, die Wahrscheinlichkeit, dass er aneuploid sein muss, bedeutend zunahm“, führte Dr. Marcos Meseguer weiter aus.
- Morphologie des Embryos: Nach der auf automatisierte Weise erfolgten Untersuchung besagten Parameters konnte beobachtet werden, dass diejenigen Embryos mit guter Morphologie eine höhere Wahrscheinlichkeit aufwiesen, chromosomal normal zu sein. Die Prognosekapazität auf Aneuploidie, die die Morphologie hat, liegt bei ca. 68%.
- Zellaktivität: Man misst den Durchmesser einer Zelle und zählt alle Durchmesser der Zellen des Embryos zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner Entwicklung zusammen (zwischen 2 und 8 Zellen).
“Damit werden automatische verschiedene Werte berechnet, die anschließend in 160 Bildern analysiert werden, die dann das Ergebnis liefern, dass die chromosomal anormalen bzw. aneuploiden Embryos eine größere Länge des Durchmessers haben. Das liegt daran, dass sie mehr Zeit benötigen, um sich zu teilen, die Teilung erzeugt viele Bewegungen und folglich erhöht sich das Maß“, erklärte Dr. Meseguer.
- Mitochondrielle Aktivität: Dieses Modul hilft dabei, eine Aneuploidie mit einer Genauigkeit von ca. 77% zu prognostizieren. Die kleinste Größe, die in bildgebenden Verfahren analysiert werden kann, sind Pixel, und diese versuchen, sich mit der Größe eines Mitochondriums zu assoziieren. Sobald die Pixel des Embryos gezählt wurden, analysieren wir die Veränderungen im Hinblick auf Anzahl und Verteilung und nehmen so den Vergleich zwischen aneuploiden und euploiden Embryos vor. Aneuploide Embryos weisen eine andere Anzahl an Pixeln auf, als euploide.
- Pumpen/Kontraktionen. Bei etwa 20% der Embryos gibt es die Kontraktion. Nach der automatisierten Analyse dieses Ereignisses kann abgeleitet werden, dass es bei aneuploiden Embryonen häufiger auftritt.
“Zusammenfassend gesagt, ermöglicht die automatisierte Computerdarstellung im bildgebenden Verfahren, die Fähigkeit nachzuahmen, die unsere Augen haben, d.h. das System versucht, die Abbilder der realen Welt zu erfassen, zu verarbeiten, zu analysieren und zu verstehen, um numerische oder symbolische Informationen zu erzeugen, damit sie von einem Computer verarbeitet werden können. Und dies erlaubt es uns schließlich im letzten Schritt festzustellen, dass sich die Embryos je nach ihrem Chromosomengehalt im Verlauf ihrer Entwicklung unterschiedlich verhalten und so das Untersuchungsverfahren für Embryos und die Auswahl derjenigen Embryonen zu optimieren, die normal und für den Transfer geeignet sind“, fügte Dr. Marcos Meseguer hinzu.
Die Kombination der vorgenannten 5 Module, zusammen mit dem von IVI Valencia und der israelischen Firma AiVF entwickelten Algorithmus, führt dazu, dass die Auswahl von chromosomal normalen Embryos mit einer Präzision von 90% getroffen werden kann, wodurch direkt eine Steigerung der Schwangerschaftsquoten bewirkt wird. Und schließlich können wir damit auch bestätigen, dass diese Technik, schnell und wirtschaftlich, ihrerseits zuverlässige und objektive Prognosen ermöglicht.
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