Mit Hilfe von Gentests können Veränderungen in Genen, Chromosomen oder Proteinen festgestellt werden. Die Ergebnisse eines Gentests können einen Verdacht auf eine genetische Erkrankung bestätigen oder ausschließen. Zudem kann mit Hilfe des Tests die Wahrscheinlichkeit ermittelt werden, ob eine Person eine genetische Störung entwickelt oder weitergibt. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem genetischen Kompatibilitätstest. Aktuell stehen mehr als 77.000 verschiedene Gentests zur Verfügung, weitere befinden sich in der Entwicklung.
Was untersuchen Gentests?
- Veränderungen in Genen: DNA-Sequenzen werden untersucht, um genetische Variationen (Mutationen) in Genen zu identifizieren, die eine genetische Störung verursachen oder das Risiko dafür erhöhen können. Dabei können einzelne DNA-Bausteine (Nukleotide), ein oder mehrere Gene oder auch die gesamte DNA einer Person (das sogenannte Genom) untersucht werden.
- Veränderungen in Chromosomen: Bei einem Chromosomen-Gentest werden ganze Chromosomen oder lange DNA-Abschnitte analysiert, um festzustellen, ob es große genetische Veränderungen gibt, wie z. B. eine zusätzliche Kopie eines Chromosoms, die eine genetische Erkrankung verursachen können.
- Veränderungen in Proteinen: Biochemische Gentests untersuchen die Menge oder auch das Aktivitätsniveau von Proteinen oder Enzymen. Anomalien in beiden können auf Veränderungen der DNA hinweisen, die zu einer genetischen Störung führen.
Genetische Kompatibilität von Paaren bestimmen
Gentests können Informationen über den genetischen Hintergrund einer Person liefern. Auch der sogenannte Komplementationstest wird in der Genetik eingesetzt, um Genmutationen zu lokalisieren. Komplementationstests können jedoch nur bei rezessiv vererbten Merkmalen zur Anwendung kommen.
Für Paare, die gemeinsam ein Kind bekommen möchten, kann es hilfreich sein, vorab ihre genetische Kompatibilität zu testen. Laut aktuellem Wissensstand tragen alle Menschen die Anlage für drei bis fünf genetische Mutationen in sich. Diese führen jedoch in den meisten Fällen nicht zu einer Erkrankung, da Gene in der Regel doppelt vorhanden sind. Wenn beide Partner allerdings Träger einer Mutation desselben Gens sind, erhöht sich das Risiko für einen Gendefekt beim gemeinsamen Kind. Ein genetischer Kompatibilitätstest kann Auskunft darüber geben, wie hoch das spezifische Risiko für das Paar ist, ein Kind zu bekommen, das unter genetischen Erkrankungen leidet.
Genetischer Kompatibilitätstest: wie werden sie eingesetzt?
Als diagnostische Tests
Mit diagnostischen Tests lassen sich bestimmte genetische oder chromosomale Erkrankungen feststellen oder ausschließen. In vielen Fällen werden Gentests eingesetzt, um eine Diagnose zu bestätigen, wenn ein bestimmter Zustand aufgrund von körperlichen Anzeichen und Symptomen vermutet wird. Diagnostische Tests können vor der Geburt durchgeführt werden, aber auch zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt. Allerdings sind sie nicht für alle Gene bzw. alle genetischen Bedingungen verfügbar. Die Ergebnisse eines diagnostischen Tests können die Entscheidungen im Hinblick auf Gesundheitsversorgung oder auch den Umgang mit einer Erkrankung beeinflussen.
Als Trägertests
Mit Hilfe von Trägertests können Personen identifiziert werden, die eine Kopie einer Genmutation tragen, die bei Vorhandensein von zwei Kopien eine genetische Störung verursacht. Diese Art von Test eignet sich für Personen, in deren Familie eine genetische Störung vorkommt, sowie Personen aus bestimmten ethnischen Gruppen, die ein erhöhtes Risiko für bestimmte genetische Erkrankungen haben. Wenn beide Elternteile getestet werden, kann der Test Aufschluss über das Risiko eines Paares geben, ein Kind mit einer genetischen Erkrankung zu bekommen.
Als Präimplantationstests
Präimplantationstests, auch Präimplantationsdiagnostik (PID) genannt, werden eingesetzt, um genetische Veränderungen in Embryonen festzustellen, die mit Hilfe von assistierten Reproduktionstechniken wie der In-vitro-Fertilisation (IVF) erzeugt wurden. Bei der In-vitro-Fertilisation werden Eizellen aus den Eierstöcken der Frau entnommen und mit Samenzellen außerhalb des Körpers befruchtet. Zur Durchführung von Präimplantationstests wird eine kleine Anzahl von Zellen aus diesen Embryonen entnommen und vorab auf bestimmte genetische Veränderungen getestet. Nur Embryonen ohne genetische Veränderungen werden in die Gebärmutter eingepflanzt, um eine Schwangerschaft einzuleiten. Auf diese Weise kann das Risiko einer genetisch bedingten Erkrankung beim Kind verringert werden.
Als prädiktive und präsymptomatische Tests
Mit prädiktiven und präsymptomatischen Tests können Genmutationen aufgespürt werden, die mit Krankheiten in Verbindung stehen, die erst nach der Geburt, oft auch erst später im Leben, auftreten. Diese Tests sind für Personen gedacht, die ein Familienmitglied mit einer genetischen Störung haben, die aber zum Zeitpunkt des Tests selbst keine Merkmale der Störung aufweisen. Mit prädiktiven Tests können Mutationen identifiziert werden, die das Risiko einer Person erhöhen, an einer genetisch bedingten Krankheit zu erkranken, z. B. an bestimmten Krebsarten. Mit präsymptomatischen Tests kann festgestellt werden, ob eine Person eine genetisch bedingte Erkrankung, wie z. B. die hereditäre Hämochromatose (auch Eisenüberladung oder Siderose), entwickeln wird, bevor Anzeichen oder Symptome auftreten. Die Ergebnisse der prädiktiven und präsymptomatischen Tests können Aufschluss über das Risiko einer Person geben, eine bestimmte Krankheit zu entwickeln, und helfen bei der Entscheidungsfindung für die medizinische Versorgung.
Als pränatale Tests
Mit pränatalen Tests werden Veränderungen in den Genen oder Chromosomen eines Fötus vor der Geburt festgestellt. Diese Tests werden während der Schwangerschaft angeboten. Sie können hilfreich sein, wenn ein erhöhtes Risiko besteht, dass das Baby eine genetische oder chromosomale Störung haben wird. In einigen Fällen können pränatale Tests Paaren eine größere Sicherheit bezüglich der Gesundheit eines gemeinsamen Kindes geben oder ihnen helfen, Entscheidungen über eine Schwangerschaft zu treffen. Allerdings können nicht alle Erbkrankheiten und Geburtsfehler aufgedeckt werden.
Als Neugeborenen-Screening
Ein Neugeborenen-Screening wird direkt nach der Geburt durchgeführt, um genetische Störungen möglichst früh zu erkennen und zu behandeln. Es ist eine freiwillige Untersuchung, bei der das Blut des 36 bis 72 Stunden alten Säuglings auf angeborene Stoffwechselerkrankungen, Hormonstörungen (Endokrinopathien) und Störungen des Immunsystems untersucht wird. Man benötigt für das Screening nur wenige Blutstropfen, die meist aus der Ferse entnommen werden. Zeitgleich erfolgt aus derselben Blutprobe ein Mukoviszidose-Screening.
Entscheidungshilfe: genetische Beratung
Da die Tests sowohl Vorteile als auch gewisse Risiken mit sich bringen können, ist die Entscheidung, ob man sich testen lassen möchte, ein persönlicher, sehr komplexer Entschluss, der immer freiwillig sein sollte. Eine fundierte genetische Beratung kann Paaren oder auch einzelnen Personen bei der Entscheidungsfindung helfen, indem sie über die Vor- und Nachteile der Verfahren informiert und die sozialen und emotionalen Aspekte des Tests besprochen werden.
Sprechen Sie uns an
Sie haben Fragen zu genetischen Kompatibilitätstests oder möchten gerne mehr über diagnostische Möglichkeiten vor oder während einer Schwangerschaft erfahren? Sprechen Sie uns an! Die Experten von IVI stehen Ihnen gerne mit Ihrer Expertise zur Seite. Vereinbaren Sie gleich einen Termin.
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